Jahreshauptversammlung ist gleich Jahreshauptversammlung? Weit gefehlt. Das handhabt jeder Verein anders. Einige sind extrem sachlich und nüchtern, bei anderen wird es gern mal feucht-fröhlich. Bei einigen schon während der Sitzung, bei anderen danach. Überall ist es eine andere Art des Brauchtums. Man nehme da die Feuerwehr. Mittwochabend, ein Dorf in Geestland. Generalversammlung der Feuerwehr, die 97. „Prost“ hat immer Vorrang, gleich nach der Begrüßung gibt es den ersten Kurzen. Das kann Korn oder ein Bunter sein. Es gibt aber auch die „bleifreie“ Variante, also die ohne Alkohol. Jeder, der ein neues Amt übernimmt, darf dafür eine Runde ausgeben. Der Gastwirt und jeder Geehrte auch. Einer war am Mittwoch dabei - ich nenne ihn mal Gerd - der hatte ein Maßband in der Tasche, zeigte mir die 49 darauf. 49 Wochen noch arbeiten, dann geht Gerd in Rente. „Deswegen ist es heute die letzte Feuerwehrversammlung, nach der ich am nächsten Tag zur Arbeit muss“, sagt er lachend. Warum das wichtig ist? Nun, Gerds Kamerad - ihn nenne ich mal Wilhelm - gab noch tüchtig einen aus. Nicht nur die eine Runde. Wilhelm wurde dafür geehrt, dass er seit 40 Jahren dabei ist. Dafür gab es das Feuerwehr-Ehrenzeichen mit Brandschnalle. Und eine Urkunde. Die dürfte irgendwann mehr Wert haben als das Abzeichen. Denn diese Urkunde war eine der letzten, die Boris Pistorius unterzeichnet hatte - als Niedersachsens Innenminister. „Ab morgen ist Boris ja Bundesverteidigungsminister“, sagte Wilhelm nicht ganz ohne Stolz. Aber egal, ob Landes- oder Bundesminister, wichtig war, dass allen der Korn bei der 97. Generalversammlung geschmeckt hat. Wie war das gleich: Prost geht immer vor.