Moin

Der Bunker und die Nostalgie: Was mich am Abreißen so seltsam berührt

Es ist rohe Gewalt. Pure Zerstörung: Abrissbagger frikassiert Bunker. Ein Schauspiel, das mich widerwillig fesselt. Der Bagger pulverisiert auch Kunst.

NZ-Redakteurin Susanne Schwan
Fragen Sie mich bitte nicht, wieso mich etwas derart gewaltsam Zerstörerisches so fasziniert. Trümmerberge, als seien Bomben eingeschlagen - scheußlich. Doch der einst als fast nicht machbar eingeschätzte Abriss des Hochbunkers an der Ecke Wurster/Abbestraße zieht mich immer wieder dorthin an diesen staubigen, dröhnenden Schauplatz des Vernichtens, seit der Bagger mit der „Monsterschere“ am 27. Februar hier anrückte, um ans Werk zu „gehen“. Was ist es, das mich seltsam berührt? Zum einen, dass hier ein Weltkriegsrelikt der düstersten Zeit deutscher Geschichte weicht. Zum anderen, dass seine graue Stahlbeton-Vierschrötigkeit poetisch-künstlerisch verwandelt wurde: 1980 malte ein Bremer Künstler, Thomas Hartmann, überlebensgroße Menschengruppen, Kinder, Alte, Geflüchtete, Gebrechliche, auf die zehn Meter hohen Wände. Ihre Blicke trafen seit 40 Jahren den Blick Vorüberkommender: Sie sahen dich an, unbewegt. Im stummen Dialog. Und dann: Mit dem Trumm verschwindet endgültig die bauliche Erinnerung an das historische Leher Armen- und Waisenhaus, das zu Hospital und Altenheim wurde, an dessen Backsteinmauern sich der Bunker nahtlos anlehnte, ab 1943. Und zu allerletzt: Das Ding bot Menschen Schutz, wenn Fliegeralarm ertönte. An diesem Freitag, 10. März, haben die bulligen Raupen die letzten Gemäldereste pulverisiert. Auftakt einer neuen Ära: Hier entstehen neue Häuser. Nicht für Waisen, Kranke, Alte. Und nicht für Arme.
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