Meinung & Analyse

Ampel-Zoff um Einbürgerung

Dass die Union hart mit den Plänen für eine erleichterte Einbürgerung ins Gericht gehen würde, ist zu erwarten gewesen. Doch nun erteilt auch die FDP ihren Koalitionspartnern eine Abfuhr. Der nächste Ampel-Streit ist da.

Das Staatsbürgerschaftsrecht soll in Deutschland reformiert werden.

Das Staatsbürgerschaftsrecht soll in Deutschland reformiert werden.

Foto: Fabian Sommer/dpa

Zunächst sah es nur so aus, als ob sich die Union heftig gegen die von Innenministerin Nancy Faeser geplante und von Kanzler Olaf Scholz (beide SPD) unterstützte Reform des Staatsbürgerschaftsrechts wehren würde. Doch nun droht der Ampel-Koalition der nächste große Zoff. „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts“, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai unserer Redaktion. „Eine Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft wird es mit der FDP nicht geben. Das ist hart, aber notwendig.“

Reform war im Koalitionsvertrag vereinbart

Starker Tobak. Die Liberalen stellen sich damit klar gegen ihre Koalitionspartner SPD und Grüne. Faeser hatte die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform der Einbürgerung angekündigt. Zuwanderer sollen demnach künftig schon nach fünf statt nach acht Jahren einen deutschen Pass bekommen können. Für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration sollen die Hürden für die Einbürgerung gesenkt werden. Die Möglichkeiten zur Mehrfachstaatsangehörigkeit will Faeser ebenso ausweiten. Kanzler Scholz warb dann auch in seinem wöchentlichen Internet-Format „Kanzler kompakt“ für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft.

Keinen Sonderbevollmächtigten für Abschiebungen benannt

Mitgehen will die FDP aber nicht: „Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration“, begründete Djir-Sarai die Haltung seiner Partei. „Die zuständigen Ressorts haben es nicht einmal geschafft, den Sonderbeauftragten zu benennen.“ Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel eine „Rückführungsoffensive“ angekündigt, um Abschiebungen konsequenter umzusetzen. Zuständig sollte ein Sonderbevollmächtigter sein, den es aber noch nicht gibt. Man dürfe daher „den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen“, ergänzte der Generalsekretär. „Die Verleihung der Staatsangehörigkeit ist das Ergebnis einer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft. Sie darf nicht am Anfang des Integrationsprozesses stehen.“

SPD und Grüne wollenReform umsetzen

Krach in der Koalition ist damit programmiert. Denn SPD und Grüne wollen das Vorhaben umsetzen. „Wir werden das Staatsbürgerschaftsrecht den Realitäten anpassen“, so SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast zu unserer Redaktion. „Wer gut integriert ist, soll früher und einfacher die Möglichkeit zur Einbürgerung haben. Das ist nicht nur fair, sondern auch sinnvoll.“ Deutschland sei mit einem hohen Fachkräftemangel angewiesen „auf Menschen, die mit der notwendigen Qualifikation zu uns kommen wollen“, betonte die SPD-Politikerin weiter. Scharf griff Mast die Union an: „Die Union geht mit ihrer Ideologie von gestern an die Sache ran. Sie versucht wieder zu spalten statt Lösungen zu suchen.

Hintergrund ist, dass führende Unionspolitiker das Vorhaben kategorisch ablehnten. So sagte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei unserer Redaktion, beim Staatsangehörigkeitsrecht gebe es überhaupt keine Handlungsnotwendigkeit. Höchst problematisch sei, die doppelte Staatsbürgerschaft zum Standardfall zu erklären. „Das wäre kein Beitrag zum besseren Zusammenleben, sondern zur Spaltung der Gesellschaft.“

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