Was die Lieferengpässe von Medikamenten angeht, spricht die Apothekenkammer Niedersachsen von einer bundesweit drastischen Situation. Diese ist auch in der Region spürbar. Häufig müssen Patienten auf andere Hersteller ausweichen. „Am Anfang stieß man auf Unverständnis“, so Ingo Schmonsees, Apotheker und Inhaber der Kondor Apotheke in Stubben sowie der Kranich-Apotheke und der Alten Amts-Apotheke in Hagen. „Das Vertrauen in die Medikamente lässt nach.“ Auch wenn die Inhaltsstoffe dieselben sind, so sehe die Verpackung doch anders aus und sei dem Patienten somit unbekannt.
Eine deutliche Verdichtung der Arbeit
Um welche Medikamente handelt es sich? „Das geht von Schmerz- und Fiebermitteln über Cholesterinsenker bis hin zu Antibiotika“, weiß Schmonsees aus seiner langen Erfahrung als Apotheker. So wie viele seiner Berufskolleginnen und -kollegen auch, berichtet Schmonsees nicht unbedingt von einer längeren Arbeitszeit, sondern von einer deutlichen Verdichtung.
Oft keine Verschlüsse für diese Flaschen vorhanden
Die Gründe für diese Engpässe hängen nicht immer mit den Inhaltsstoffen zusammen. Bei Medikamenten, die beispielsweise in Flaschen abgefüllt werden, sind oft keine Verschlüsse für eben diese Flaschen vorhanden. Tabletten könnten nicht verpackt werden, da keine Blisterverpackungen hergestellt werden könnten. „Es ist ein massiver Aufwand, die Patienten versorgen zu können“, so Schmonsees. „Man freut sich, wenn man es irgendwie hinkriegt.“
Einige Kunden entschuldigen sich inzwischen schon für die Frage, ob ein bestimmtes Medikament auf Lager ist. Andere wiederum bestehen auf den Hustensaft mit Erdbeergeschmack. „Es geht nicht um den Geschmack“, sagt Schmonsees. „Es geht darum, ob das Medikament überhaupt da ist.“
„Ein erhöhter Aufwand für Mitarbeiter“
Auch Simone Gievert aus der Engel-Apotheke in Spaden spürt die Auswirkungen der Lieferengpässe von Medikamenten. Denn auch hier entsteht ein erhöhter Aufwand für die Mitarbeiter, um dem Kunden das gewünschte Medikament bieten zu können. Es müsse mehr telefoniert werden als sonst, auch Kundengespräche dauerten länger, um von Alternativ-Präparaten zu überzeugen.
Hamsterkäufe werden von Apothekern unterbunden
Wie sieht es mit Hamsterkäufen aus? „Das unterbinden wir“, betont Gievert. Nur wenn etwas nachbestellbar und lieferbar sei, sei es dem Kunden erlaubt, für den Nachbarn ein Produkt zu besorgen. Mit den Produkten andere Hersteller sei die Mehrheit der Kunden letztlich einverstanden. Nur ein kleiner Teil bestehe auf den Hersteller, der sonst auch genommen wurde, bilanziert Gievert.
In der Rosen-Apotheke in Bremerhaven spricht man von einer „nie da gewesenen Situation“. Auch hier ist der Medikamentenmangel spürbar. Einfach mal so Urlaub machen, ohne Vertretung - geht derzeit nicht. Auch in der Rosen-Apotheke ist es so, dass man letztendlich immer noch eine Lösung für den Kunden finden kann. Hamsterkäufe finden hier nicht statt, wobei man ja nie wisse, in wie vielen Apotheken der Kunde vorher gewesen sei, sagt eine Mitarbeiterin aus dem Team von Klaus-Peter Miéville.
Bislang wurden immer Lösungen gefunden
Für Apotheker bedeuten die Engpässe viel Aufwand. Häufiges Telefonieren und die Nachfrage beim Lieferanten stehen an der Tagesordnung. Dazu kommen die Nachfragen der Kunden, die den Produkten anderer Hersteller häufig nicht vertrauen. Bislang schafften die Apotheken es, Lösungen zu finden, um ihre Kunden zu versorgen. Verschärfen sich die Lieferengpässe weiter, könnte sich das bald ändern. Ingo Schmonsees: „Es ist dramatisch.“