Cuxland

Das passiert hinter den Kulissen der Midlumer Mühle

Extra für den „Deutschen Mühlentag“ wurde sie herausgeputzt, dabei ist die Midlumer Mühle schon 166 Jahre alt. Zusammen mit dem Mühlenverein werfen wir einen Blick auf die Anfänge der Mühle und zeigen, was jetzt in ihrem Inneren vor sich geht.

Midlum Mühle Mühlentag

Ein echtes Schmuckstück und voll funktionsfähig: die Midlumer Mühle.

Foto: Heike Leuschner

Unter dem Gebälk der Midlumer Mühle ist es still. Und doch meint man die körperliche Anstrengung des Müllers zu spüren, den Mehlstaub einzuatmen und das typische Klappern des Mahlwerks zu hören, wenn man die schmalen Stiegen bis unter die reetgedeckte Kuppe hinaufsteigt. Petra Heinsohn lässt die letzten Stufen aus. „Höhenangst“, sagt die 2. Vorsitzende des Vereins zur Erhaltung der Midlumer Mühle, die an diesem Tag noch drei Traugespräche führen will. Doch bevor das nächste Mal geheiratet wird, öffnet der Verein am kommenden Montag, 29. Mai, seine Pforten - wie viele andere Mühlenbesitzer im Land.

Midlum Mühle

Petra Heinsohn ist die 2. Vorsitzende des Midlumer Mühlenvereins und Hochzeitsplanerin für die Mühle.

Foto: Heike Leuschner

Blick hinter die Kulissen am „Deutschen Mühlentag“

Pfingstmontag ist „Deutscher Mühlentag“, ein Aktions- und Thementag rund um das Mühlen- und Müllereiwesen, an dem bundesweit mehr als 1.000 Wind- und Wassermühlen für Besichtigungen und Führungen geöffnet sind. Auch im Landkreis Cuxhaven öffnen ein halbes Dutzend Wind- und Wassermühlen ihre Pforten. Der Blick hinter die Kulissen soll helfen, Mühlen als technisches Denkmal zu verstehen und ihre Erhaltung zu garantieren.

Midlum Mühle

Blick ins technische Herz der Midlumer Mühlenanlage.

Foto: Heike Leuschner

Neustart nach „großem Unglück“ im Jahr 1857

Die Midlumer Mühle stammt aus dem Jahre 1857. Als Galerieholländer-Mühle mit zwei Schrotgängen und einem Walzenstuhl gebaut diente sie als Ersatz für „das große Unglück“, das die alte Mühle historischen Überlieferungen zufolge im November 1856 traf, als ein Feuer das Bauwerk vernichtete.

Nach vier Müllergenerationen aus derselben Familie wechselte die Mühle 1920 ihren Besitzer. Bis 1955 wurde sie allein mit Windkraft betrieben; bis 1992 diente sie noch als Schrotmühle mit elektrischem Antrieb sowie als Lager für Getreide und Futtermittel, berichtet Heinsohn.

Müller fehlte Geld für Sanierung und Pflege der Mühle

Dann wurde es ruhig um die Mühle. Der letzte aktive Müller Wilhelm Sielken wollte das Bauwerk erhalten, aber ihm fehlte das Geld für Sanierung und Pflege. Doch Midlum, in dessen Mitte die Mühle auf einem Hügel wie ein Schloss thront, hatte Glück: 1998 kaufte die damalige Gemeinde Midlum die Mühle.

1,3 Millionen Mark wurden inklusive EU-Mitteln in das historische Bauwerk investiert.

Midlum Mühle

Hübsch dekoriert: Engagierte Vereinsmitglieder sorgen dafür, dass die Midlumer Mühle als Schmuckstück und Baudenkmal erhalten bleibt.

Foto: Heike Leuschner

Besonders stolz ist der Mühlenverein darauf, dass die Mühle seither wieder voll funktionsfähig ist. Ob sie am Deutschen Mühlentag allerdings so in den Wind gedreht werden kann, dass sich die Flügel drehen, hängt von Fachpersonal und Wetter ab, erklärt der Vereinsvorsitzende Thomas Rudolph. „Wir brauchen Wind - nicht zu viel und nicht zu wenig.“ Wegen der komplexen Technik muss bei jeder Inbetriebnahme ein freiwilliger Müller dabei sein. Zwei davon hat der Verein zurzeit. „Und einige Anwärter“, sagt Rudolph, der selbst dazu gehört.

Faible für Windmühlen stammt aus Kindertagen

Wie all ihren Mitstreitern im Midlumer Mühlenverein ist auch Petra Heinsohn das Bauwerk schon vor langer Zeit ans Herz gewachsen. Seit 37 Jahren lebt sie im Dorf. Eigentlich stammt die 65-Jährige aus Nordrhein-Westfalen. „Von unserem Zuhause war es nicht weit bis zu den holländischen Windmühlen“, erzählt sie. Ihr Faible für Mühlen müsse wohl daher stammen.

Sie holt einen Schlüssel aus der Tasche und geht hinüber zum Backhaus, das im Zuge der Restaurierung aus historischen Backsteinen gebaut wurde. „Das nutzen wir regelmäßig“, berichtet Heinsohn. Vier freiwillige Bäcker hat der Verein aktuell dafür ausgebildet.

Midlum Mühle Steinbackofen

Neben der Midlumer Mühle befindet sich das Backhaus mit dem Steinbackofen.

Foto: Heike Leuschner

Steinbackofen: 48 Stunden vor Inbetriebnahme wird geheizt

Der Betrieb des Steinbackofens ist aufwendig. Bereits 48 Stunden vor dem eigentlichen Backvorgang fangen die Männer an, den Ofen zu befeuern. Heinsohn, die einst selbst in der Mühlenbackstube mithalf, konzentriert sich heute auf den romantischen Mühlenpart: das Planen von Hochzeiten. Wie so manch anderes historisches Mühlendenkmal fungiert die Midlumer Mühle als Außenstelle des Standesamts.

Allein für dieses Jahr hat Heinsohn bereits 32 Trauungen vorgemerkt. „Das Heiraten bei uns wird immer beliebter“, freut sie sich.

Auch ein junges Paar aus Nordholz will sich in diesem Sommer hier trauen lassen. Weil die Mühle für Hochzeitsgäste, die bei der standesamtlichen Trauung dabei sein sollen, mehr Platz bietet als ein Leuchtturm, der ebenfalls zur Auswahl stand, sagt die 22 Jahre alte Braut. Aber vor allem „der schönen und rustikalen Atmosphäre wegen“ ist sich das Paar einig. „Das passt zu unserer Hochzeit.“

Heike Leuschner

Reporterin

Heike Leuschner hat sich nach einem Jura-Studium für die journalistische Laufbahn entschieden. Seit 2010 ist sie als Redakteurin in der Lokalredaktion der NORDSEE-ZEITUNG beschäftigt. Privat sieht man sie oft mit Kamera – oder gar nicht. Dann ist sie auf Reisen.

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