Die Handelskammer Bremen will rechtliche Schritte gegen die Ausbildungsplatzabgabe einleiten - und ein Normenkontrollverfahren beantragen. Das teilte Handelskammer-Sprecherin Christiane Weiß am Freitag mit. Möglicherweise würden sich weitere Kammern anschließen. Das Gesetz zur Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe war am Donnerstag in zweiter Lesung beschlossen worden.
„Bedenken bleiben bestehen“
„Die schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die das Gutachten des Berliner Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Christian Waldhoff schon dem Gesetzesentwurf attestiert hatte, bleiben nach seiner Auffassung auch bei dem modifizierten und jetzt von der Bürgerschaft verabschiedeten Gesetz bestehen“, so die Begründung von Sprecherin Weiß. Die Handelskammer hatte in ihren Gremien entschieden, rechtliche Schritte einzuleiten, sollte das Gesetz trotz der geäußerten gutachterlichen Bedenken und des massiven Protestes von mehr als 30 Kammern und Verbänden verabschiedet werden.
Nun müssen nahezu alle Arbeitgeber eine jährliche Abgabe zur Finanzierung des Fonds zahlen. Der Satz ist gedeckelt auf maximal 0,3 Prozent der sogenannten Arbeitnehmerbruttolohnsumme. Ausbildende Unternehmen bekommen Geld zurück: Für jeden Auszubildenden im Jahr zwischen 1.500 und 2.500 Euro.
Unternehmer: „Hätte mir Konsens gewünscht“
Carsten Gernhoff hatte sich - wie so viele Unternehmer - gegen die Ausbildungsplatzabgabe engagiert. Dementsprechend ernüchtert hat er den Beschluss der Bürgerschaft aufgenommen. Der Geschäftsführer vom Bremerhavener Unternehmen E+A Elektrotechnik und Aggregatebau hätte sich gewünscht, dass man einen „Konsens gefunden hätte, der beiden Seiten gerecht wird“.
FDP-Politiker Hauke Hilz hat Verständnis für den Unmut über die Entscheidung der Bürgerschaft. „Das bleibt aus unserer Sicht ein schwerer Fehler.“
Slogan der Jusos ruft Kritik hervor
Die Jugendorganisation der SPD in Bremen, die Jusos Bremen, gehören hingegen seit Jahren zu den Befürwortern der Ausbildungsplatzabgabe. Bei ihrer Freude über den Beschluss der Bürgerschaft haben sie sich allerdings offenbar einen Fehltritt erlaubt. Ein Beitrag in den sozialen Netzwerken rief jedenfalls heftige Kritik hervor. Dort melden sich die Nachwuchs-Spzialdemokraten mit dem Slogan „Wer nicht ausbildet, wird umgelegt“.
FDP-Politiker Hilz: „Das ist geschmacklos“
FDP-Politiker Hauke Hilz findet dafür klare Worte: „Das ist einfach nur geschmacklos.“ Damit verlasse man den Rahmen der politischen Debatte in einer Demokratie. Zahlreiche Kommentatoren in den sozialen Medien sahen das ähnlich. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Thorsten Raschen findet, dass die Jusos „weit übers Ziel hinausgeschossen seien“. Der SPD-Landesvorstand müsse sich jetzt deutlich von den Jusos distanzieren.
Schmugler: „Bewusstes politisches Missverstehen“
Sebastian Schmugler von den Jungsozialisten (Jusos) in der SPD Bremen erklärt gegenüber der NORDSEE-ZEITUNG, dass es hier um „bewusstes politisches Missverstehen“ gehe. Mit „umgelegt“ beziehe man sich auf die Umlagefinanzierung. Zudem sei der Spruch jahrzehntealt. SPD-Politiker Martin Günthner fügte hinzu: „Wer das missversteht, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.“